Remo Cadalbert

Game Over?

Geburt, Tod und Renaissance von Arcade-Games

‹Game Over› hiess es in den letzten Jahren für sämtliche Spielsalons (engl. Arcades) in der Schweiz und vielen anderen Ländern. Mit dem Sterben des Videospielspielens in einem öffentlich zugänglichen und dazu intendierten Raum verschwanden auch die entsprechenden Computerspiele mitsamt den Automaten aus dem Blickfeld. Die Spielsalons reihten sich nahtlos ein in eine Kulturgeschichte urbanen Vergnügens, welche im 19. Jahrhundert ihren Anfang nahm. Mit dem Betreten eines Spielsalons liess man den Alltag und die ‹Wirklichkeit› zurück und war diese Grenze einmal überschritten, fand man sich in einer Welt voller leuchtender und blinkender Automaten, die mit ihren 4- oder 8-Bit-Sounds die einmalige Kulisse für das Eintauchen in die Spielewelt darstellten.

Die Arcades waren jedoch nicht nur soziale Biotope und urbane Kulturräume, sondern es standen auch wirtschaftliche Interessen dahinter. Erst das Einwerfen eines Geldstücks in den Automaten eröffnete einer Spielerin oder einem Spieler das Vergnügen eines Arcade-Games. Demzufolge waren die Spielsequenzen, zumindest anfangs, auch entsprechend kurz und teuer. Ein Eintrag in den Highscore war zusätzlicher Ansporn, ein Spiel von neuem zu beginnen und mit zunehmender Beherrschung eines Games wurde der Besuch in einem Spielsalon wiederum zu einem billigen Zeitvertreib der Jugendlichen.

Heute findet man die Videospielkästen fast nur noch in den Garagen und Kellern eifriger Sammler/innen und leidenschaftlicher Fans. Die modernen Phänomene der Sammeltätigkeit und Begeisterung für Retro-Spiele haben in den letzten Jahren den Arcade-Games zu einer Art Auferstehung verholfen.

Es stellt sich die Frage, was in der Tradition von urbanem Vergnügen zum Aufkommen und Verschwinden von Spielsalons geführt hat. Welche sozialen Aspekte dieses nicht-alltäglichen Ortes sind ersichtlich? Was waren die typischen Charakteristika von Arcade-Games und wie wirkten sich diese auf das Game-Play aus? Was steckt hinter der Motivation jener Menschen, die heute die ausrangierten Spielkästen sammeln, restaurieren und wieder damit spielen? Diesen Fragen soll im Folgenden nachgegangen werden.

Ivo Vasella ist einer dieser passionierten Sammler und Restaurator von Arcade-Games, Flipperkästen und anderen Spielapparaten vergangener Tage. Von Beruf Architekt, betreibt er als Hobby im Kreis 9 in Zürich das Outlane – eine Spielbar und ein Paradies für Vereinsmitglieder und Freunde alter Spielsalon-Romantik.[1] In den 1980er-Jahren verbrachten er und seine Freunde einen Grossteil ihrer Freizeit mit dem Spielen von Flippern und Arcade-Games in den Spielsalons von Zürich. In einem Interview erzählt er von seiner Jugend in den Spielsalons und über seine gegenwärtige Leidenschaft als Sammler, Restaurator von Spielautomaten und Betreiber des Outlane.

Auf der Grundlage dieses Interviews und der einschlägigen Forschungsliteratur soll gezeigt werden, wie aus kulturwissenschaftlicher Perspektive Geburt, Tod und Renaissance von Arcade-Games nachvollzogen werden können.

 

Urbanes Vergnügen und Unterhaltungskultur

Um zu verstehen, wie es dazu kam, Computerspiele in münzbetriebene Automaten zu integrieren und eigens dafür konzipierte Räume zu schaffen, soll im Folgenden ein kleiner historischer Ausflug unternommen werden. «Es ist bunt, es ist voll, es ist laut»[2], so beschreibt Sacha Szabo den Jahrmarkt und dessen modernen Verwandten, den Themenpark, in der Einleitung zum Buch Kultur des Vergnügens. In der postindustriellen Gesellschaft manifestieren sich die klassischen Orte der Vergnügungskultur jedoch noch an zahlreichen anderen Plätzen. Dazu gehörten auch die sogenannten Arcades – Spielsalons mit Flipperkästen, Videospielen, Tischfussball und anderen Geschicklichkeits- und Glücksspielen, die ebenso bunt, voll und laut auftraten wie der Jahrmarkt oder Themenpark. Die Spielsalons reihten sich nahtlos ein in eine Kulturgeschichte modernen urbanen Vergnügens, welche im Jahrmarkt des ausgehenden 19. Jahrhunderts, als die «Jahrmarktsangebote zur Selbstbetätigung wie Fahr-, Belustigungs- und Geschicklichkeitsgeschäfte gegenüber Schaustellungen zu dominieren begannen»[3], ihren Anfang nahm.

Gewiss reichen Orte des Vergnügens wie die Kirmes, der Zirkus, der Jahrmarkt oder Rummelplatz bis weit ins Mittelalter zurück. Auch die Feste, Spiele, Theater, Gaukler, Artisten, Sänger und Erzähler des antiken Griechenlands und Roms könnten zur langen Geschichte der populären Vergnügungsorte dazugezählt werden. Doch von hier eine fiktive, kausale Linie zu den modernen Spielsalons des ausgehenden 20. Jahrhunderts zu ziehen, wäre vermessen. «Den Schlüssel zum Verständnis liefert weniger die Herkunft als der zeitgenössische Kontext»[4], so Kaspar Maase. Dennoch lässt sich im Übergang von der ständischen zur bürgerlichen Gesellschaft in der ‹Sattelzeit› zwischen 1750 und 1850 der Anfang moderner Vergnügungskultur ausmachen, in der sich die Unterhaltungs- und Vergnügungsangebote immer mehr von religiösen und weltlichen Festanlässen emanzipierten und sich in Gestalt von Vergnügungsparks und Unterhaltungslokalen auf rein kommerzieller Basis formierten.[5] Dieses Phänomen ist laut Maase noch in heutiger Zeit erkennbar:

«Vorangetrieben durch das mit der Industrialisierung verbundene schnelle Wachstum einer vergnügungssuchenden und zahlungsfähigen Arbeiterbevölkerung begann gegen Ende des ersten Drittels des 19. Jahrhunderts jener Aufschwung kommerzieller Vergnügungsangebote, dessen Grundlinien und Dynamik bis in die Gegenwart durchlaufen.»[6]

Dabei begannen sich die Orte der Vergnügung auch deutlich sichtbar in den urbanen Zentren zu konzentrieren. Die Erlebnisorientierung der modernen Gesellschaften habe seit Ende des 19. Jahrhunderts die ihr zugewiesenen Orte verlassen, so Regina Bittner: «Die urbane Entertainment-Kultur, mit der Städte heute versuchen, sich im globalen Raum neu zu plazieren [sic], liefert [die] Anzeichen dafür […].»[7] Auch wenn sich die diversen Orte im Verlauf dieses Prozesses klar voneinander unterschieden und abgrenzten, so waren die verschiedenen Typen von Unterhaltungsangeboten doch stets eng miteinander vernetzt, nämlich «durch die Vergleiche eines zunehmend wählerischen, kompetenten und anspruchsvollen Publikums. Die Akteure aller Vergnügungsbranchen konkurrierten und lernten voneinander, erprobten neue Mischungen und variierten Formate.»[8] Ein übergreifendes Strukturelement hat Maase in der engen Verbundenheit der Vergnügungsorte mit dem Fortschritt von Wissenschaft und Technik erkannt, denn:

«[…] von den elektrischen Experimenten auf den Jahrmärkten des 18. Jahrhunderts bis zu den computerentwickelten und -gesteuerten Extremfahrgeschäften der Gegenwart; nicht zuletzt daraus beziehen Vergnügungsorte die Dynamik der Veränderung und das Potenzial zur Überraschung, das wesentlich zu ihrer Anziehungskraft beiträgt.»[9]

So ist es z. B. für Vergnügungsparks oder Kinos schon längst unerlässlich geworden, ihre Infrastruktur an die neuste 3D- oder 4D-Technologie anzupassen. Ohne stetige technische Weiterentwicklung der Angebote verlieren die Vergnügungsorte ansonsten schnell den Anschluss und somit auch Publikum und Einnahmen. In dieser Traditionslinie der urbanen Vergnügungsorte und dem technischen Fortschritt entstanden in den USA im späten 19. Jahrhundert die ersten öffentlichen Spielhallen, sogenannte Penny Arcades.

Geburt der Arcade-Games

Die Penny Arcades kamen in den urbanen Räumen der amerikanischen Ostküste sowie Kalifornien auf, wo sie sich – im Gegensatz zur Schweiz – noch bis heute grosser Beliebtheit erfreuen. Die Spielautomaten befanden sich meistens in den im Arkaden-Stil gebauten Einkaufspassagen und boten günstige Spielerlebnisse – daher der Name Penny Arcade. Eine breite Popularität erreichten die Spielhallen in den USA jedoch erst in den 1930er-Jahren während der Grossen Depression.[10]

In der Anfangszeit waren die Spielhallen ausschliesslich mit einfachen mechanischen oder elektromechanischen Spielgeräten ausgestattet, wie das Bild eines frühen Arcade-Spiels aus dem Spielzeugmuseum Brüssel zeigt (Abb. 1). Bei vielen dieser Spiele konnten die Spieler/innen ihre Geschicklichkeit und das Reaktionsvermögen auch mit anderen messen. In der Schweiz gab es ebenfalls bereits in den 1950er-Jahren solche Spielhallen, wie das Bild eines Spielsalons im Züricher Niederdorf aus dem Jahr 1952 belegt (Abb. 2). Ihre Blütezeit erlebten sie jedoch erst in den 1980er-Jahren, der goldenen Ära der Arcade-Games.[11]

Abb. 1: Frühes Arcade-Spiel im Spielzeugmuseum Brüssel

Abb. 2: Spielsalon im Züricher Niederdorf um 1952

Am Anfang der Arcade-Games standen die ersten Computer- und TV-basierten Spiele, wobei das am Massachusetts Institute of Technology (MIT) entwickelte und 1962 fertiggestellte Spiel Spacewar! heute als das erste Computerspiel gilt.[12] Nur wenige Menschen kamen jedoch zum Vergnügen dieses Spiels, da die grossen und teuren Rechner von damals fast ausschliesslich Computer-Techniker/innen in weissen Kitteln vorbehalten waren.

Ein Student der University of Utah, Nolan Bushnell, stiess Ende der 1960er-Jahre auf Spacewar! und fragte sich, ob es nicht auch möglich wäre, Computerspiele kommerziell zu nutzen. Doch eine Möglichkeit der Realisierung ergab sich erst 1970 nach der Erfindung des Mikroprozessors durch Intel. Im Flipperkasten-Hersteller Nutting Associates fand er schliesslich einen Partner für die Entwicklung und so wurde 1971 das erste kommerzielle, kleingeldbetriebene Arcade-Game Computer Space geboren. Das für das breite und computerspielunerfahrene jedoch viel zu komplizierte Spiel wurde ein Flop und so trennte sich Bushnell von Nutting Associates und machte sich selbständig. Es musste eine einfachere Lösung für ein kommerziell erfolgreiches Computerspiel gefunden werden, ein Spiel das jede/r sofort spielen kann, ohne es vorher mühsam erlernen zu müssen.

So erfand Bushnell das Spiel Pong (Abb. 3) – eine einfache Version des Tennisspiels – mit der für alle verständlichen Anleitung: «Avoid missing ball for high score». Neu waren ebenfalls die Punktezählung und Geräusche (Sound). Vom grossen Erfolg des Spiels überrascht, gründete er 1972 die Firma Atari Inc. und legte damit den Grundstein für die marktbeherrschende Stellung Ataris bis Mitte der 1980er-Jahre.[13]

Abb. 3: Arcade-Game Pong von Atari aus dem Jahr 1972

Im Zuge dieses Erfolges fanden in den kommenden Jahren immer mehr Tennis- und Hockey-basierte sowie erste einfache Shooting- und Driving-Videospiele ihren Weg in die Spielhallen. Allerdings hatten sich die unzähligen Pong-basierten Versionen von Arcade-Games und ihre immer billiger werdenden Pendants für die ersten Heimkonsolen bald einmal ausgespielt und die Industrie stand kurz vor dem Ruin.[14]

Die Rettung kam 1978 durch die japanische Firma Taito, die das für damalige Verhältnisse völlig neue Spiel Space Invaders (Abb. 4) auf den Markt brachte – heute ein absoluter Klassiker.

Abb. 4: Space Invaders von Taito aus dem Jahr 1978

Die erstmals eingeführte Highscore-Liste in Space Invaders markierte einen weiteren Meilenstein in der Videospielgeschichte. Längst haben die pixeligen Alien-Ikonen auch in die gegenwärtige Popkultur Einzug gehalten: Man findet sie auf T-Shirts, in TV-Serien oder als Street-Art im öffentlichen Raum (Abb. 5).[15]

Abb. 5: Alien-Ikone aus dem Spiel Space Invaders als Street-Art

Space Invaders war bereits kurz nach der Herausgabe ein Riesenerfolg und läutete damit die goldene Ära der Arcade-Games ein.[16] Videospiele wurden langsam zu einem Massenphänomen. So entstanden zu Beginn der 1980er-Jahre u. a. die bekannten Kult-Spiele wie Galaxian, Pac-Man, Donkey Kong oder Galaga.

Game Over – Insert Coin to Continue

Die genannten Arcade-Games unterscheiden sich auf der Software-technischen Seite nicht wesentlich von den Varianten für Heimcomputer oder Konsolen. Grafik und Drehbuch bleiben dieselben. Die Hauptmerkmale, worin sich Arcade-Games von den anderen Spielen unterscheiden, abgesehen vom Spielen in der Öffentlichkeit, sind das Gehäuse, das auch ein Spielen im Stehen ermöglicht, und die Tatsache, dass man nur durch den Einwurf einer Münze in das Vergnügen eines Spiels kommt. Ausserdem ist es mit einem Automaten nur möglich, ein Spiel zu spielen, wohingegen auf einer Konsole viele verschiedene Spiele gespielt werden können.

Die Gehäuse der Arcade-Games reihen sich in die über 100-jährige Geschichte von Unterhaltungsapparaten wie den Phonographen, Mutoskopen, Kinetoskopen, Musikboxen etc. ein, welche an den bekannten Vergnügungsorten standen. Maschinen und Apparate waren nicht mehr nur ein Produkt der Industrialisierung und reine Technik; der Fortschritt war nun auch Unterhaltung und Spass.[17] Die ‹Verpackung› all dieser Maschinen, auch der Arcade-Games, macht die dahinter stehende, mehr oder weniger komplizierte Technik, unsichtbar. Nicht die Technik soll die Menschen in Erstaunen versetzen, sondern die Unterhaltung und das pure Vergnügen stehen im Vordergrund.

Die z. T. aufwändig gestalteten Gehäuse sollen nicht nur das Thema des Spiels auf den ersten Blick erkennbar machen und die Aufmerksamkeit einer potentiellen Spielerin/eines potentiellen Spielers auf sich lenken, sie ermöglichen mit den eingebauten Joysticks, Plastikpistolen, Steuerrädern und Pedalen auch ein besonderes Spielerlebnis. Die später aufwändig hergestellten Rennwagen-Cockpits, Plastik-Motorräder, motorisierten Snowboards, elektronischen Schlagzeuge etc. sind das Resultat einer Entwicklung zu einem immer ‹realistischeren› Spielerlebnis.

Wie bereits erwähnt, machen die Sujets auf den Gehäusen der Arcade-Games einerseits auf das Thema eines Spiels aufmerksam: ein Raumschiff für das Weltall-Spiel, ein Hockeyspieler für ein Hockey-Spiel oder Indiana Jones als Videospiel-Adaption des Kinofilms. Andererseits stehen sie, analog zum Spiel, thematisch und im Design auch immer im Kontext der Zeit ihrer Entstehung. So verwundert es nicht, dass das erste kommerzielle Arcade-Game 1971 im Zuge der amerikanisch-russischen Konkurrenz im Weltall das Raumschiff-Spiel Computer Space war (inspiriert vom Spiel Spacewar!) und im rundlichen, futurischen Design der 70er-Jahre daherkam (Abb. 6).

Abb. 6: Of zieller Verkaufts-Flyer für das Arcade-Game Computer Space von Nutting Associates aus dem Jahr 1971

Für Ivo Vasella sind die gestalterischen und inhaltlichen Elemente seiner Videospiel- und Flipperkästen im Outlane das Wichtigste. Er sieht sie als Zeitdokumente, wobei ihn die technischen Aspekte weniger interessieren.[18]

Die Vorstellung pro Spiel mit barer Münze zu bezahlen, scheint heute fremd. Ist ein Spiel für die PS4 oder Xbox einmal gekauft, lässt es sich schier unendlich viele Male spielen – und man kann die Spielstände erst noch an jener Stelle speichern, an der man aufgehört hat. Doch wie bereits angesprochen, stand hinter der Idee des ersten Arcade-Games, in einer Zeit, wo der Heimcomputer noch nicht erfunden war, die Kommerzialisierung von Computerspielen. Da münzbetriebene Maschinen Anfang der 1970er-Jahre bereits eine erfolgreiche Geschichte hinter sich hatten, lag es nahe, ein kommerzielles Computerspiel nach dem gleichen Prinzip zu gestalten. Hieraus entwickelten sich besagte Arcade-Games, die Spieler/innen zu begeistern, gar zu fesseln, vermochten. Vasella erklärt diese besondere Art des Spielens wie folgt:

«Am Anfang waren die Videospiele ziemlich teuer, wenn du dann aber gewisse Spiele einmal beherrschtest, dann warst du irgendwann mal so gut und konntest ein Spiel so lange spielen, dass es zu einem billigen Zeitvertreib wurde. Das Spiel Bosconian habe ich mit der Zeit so gut gekonnt, dass die zweistündige Mittagszeit im Gymi nicht mehr reichte, um mit einem Franken das Spiel fertig zu spielen. Man wurde einfach nicht mehr erwischt.»[19]

Was Vasella hier nebenbei charakterisiert, entspricht dem von Mihaly Csikszentmihalyi beschriebenen Flow-Erlebnis: das völlige Aufgehen des Handelnden in seiner Aktivität und das Verschmelzen von Handlung und Bewusstsein.[20] In einer detaillierten Studie bestätigte David Chase Mitte der 1980er-Jahre die aus Csikszentmihalyis Flow-Theorie abgeleitete Annahme, dass Spieler/innen, die sich stärker in das Spielgeschehen eingebunden fühlten und alles andere um sich herum vergassen, das Spiel insgesamt als grösseres Vergnügen empfanden und sowohl mehr Zeit als auch mehr Geld darauf verwandten. Daraus könne man schliessen, dass das Videospielen für einige Spieler/innen überwiegend den Charakter eines intrinsisch motivierten Verhaltens habe.[21]

Bezeichnend für Arcade-Games waren die üblichen drei ‹Leben›, mit denen man ins Spiel startete oder die ‹Continue›-Funktion, bei der man mit dem Nachwerfen einer Münze wieder am gleichen Ort weiterspielen konnte. Vasella erinnert sich:

«Ich glaube, bereits so ab Mitte der 90er-Jahre fing das dann mit dem ‹Continue› an. D. h.  die Spiele wurden dann irgendwann einmal schneller, härter und so schwierig, dass du einfach nur noch Geld nachfüttern musstest. Bei den ersten Spielen war das zwar auch so, aber das Harte daran war einfach: Man hatte drei Leben und wenn diese drei Leben weg waren, dann musstest du wieder von vorne anfangen. Das hiess bei einem Videospiel dann natürlich, wenn du einmal ziemlich weit gekommen bist und an einer Stelle, wo du nie durchgekommen bist, festsassest, dass du das dann einfach lernen musstest. So hast du das dann auch irgendwann mal geschafft.»[22]

Die Arcade-Games erforderten von der Spielerin und dem Spieler also auch Lernen, Geduld und Arbeit. Arcade-Spiele kosten jedoch auch Geld, müssen aber nicht zwingend teuer sein. Wären die Spiele umsonst, würde das laut Elizabeth Loftus und Geoffrey Loftus überdies den Spass am Spiel gefährden: «[A] large body of psychological research indicates that games requiring at least some minimal amount of money (like a quarter) would be perceived as more enjoyable than free games.»[23]

Durch diese besonderen Merkmale unterschieden sich das Spielen und die Spielerfahrung bei Arcade-Games von üblichen Computerspielen am PC oder auf der Spielkonsole. Vasella ergänzt, dass Konsolen auch ganz andere Anforderungen an die Spieler/innen stellten als Videospiele im Spielsalon:

«Ein Spiel im Spielsalon musste einerseits so schwierig sein, dass du eine gewisse Challenge hattest. Aber das konnte dann wiederum so frustrierend sein, dass du ein Einfrankenstück einwarfst und dann nach zehn Sekunden fertig warst. Danach wieder eine Münze, bis du nach einer halben Minute schon wieder fertig warst. So spielte man das Spiel dann natürlich nicht, wenn nicht einmal ein guter Spieler weit kam. Andererseits durfte ein Spiel auch nicht so billig sein, dass du mit einem Franken eine Stunde lang spielen konntest und immer wieder Freispiele holtest, weil sich so ein Spiel ja nicht rentiert. Da musste eine Balance gefunden werden.»[24]

Das Vorankommen im Spiel durfte also weder zu einfach noch zu herausfordernd sein. Und: kurze Spieleinheiten sollten dominieren. Ansonsten führte dieses Ungleichgewicht von Anforderung und Expertise auch nicht zum beschriebenen Flow.

Entsprechend fand man in den Spielsalons ausschliesslich Action-, Kampfsport, Sport- und Jump and Run-Spiele, wo es – wie bei den frühen mechanischen oder elektromechanischen Arcade-Spielen – hauptsächlich um Geschicklichkeit und Reaktionsvermögen ging. Dazu meint Vasella:

«Die ganzen Adventure- und Strategiespiele mit zu lösenden Aufgaben und Rätseln haben in den Spielsalons nicht funktioniert. Man brauchte einen schnellen Erfolg. Auch wenn du ein bestimmtes Lehrgeld zahlen musstest, z. B. beim Erlernen des Autofahrens in einem Driving-Game, und es zu lange ging bis man es in den Griff bekommen hat, dann haben es die Leute nicht gespielt, weil sie frustriert waren.»[25]

Ein Eintrag in die Highscore-Liste war zusätzlicher Ansporn, ein Spiel immer wieder zu spielen und verstärkte den Wettbewerb unter den Spieler/innen in den Spielsalons. Ein vorderer Platz in der Spielwertung steigerte unweigerlich den Status einer Spielerin oder eines Spielers innerhalb einer Gruppe oder gar einer ganzen Spielhalle.

Der Spielsalon als sozialer Raum

Ein wesentlicher Unterschied vom Spielen von Arcade-Games auf Heimcomputern und Konsolen ist das Spielen in einem dazu intendierten, öffentlich zugänglichen Raum – ein aus kulturwissenschaftlicher Perspektive besonders interessanter Aspekt. Mit der Verbreitung der Heimcomputer und Spielkonsolen verlegte sich das Computerspiel immer mehr ins Private und später in den virtuellen Raum des Internets.

Wie erwähnt, nahm die goldene Ära der Arcade-Games und somit auch der Spielsalons Anfang der 1980er-Jahre ihren Lauf. Die Jugend von damals traf sich in einem der städtischen Spielsalons und man vertrieb sich die Zeit während der Schulpausen, am Abend oder an den Wochenenden mit dem gemeinsamen Spielen an den Flipperkästen, von Tischfussball oder eben Arcade-Games. Egal, ob man ein Videospiel nun alleine oder in der Multiplayer-Funktion spielte, man vergnügte sich die Zeit zusammen in verrauchten Spielsalons, die in den 1980er- und 1990er-Jahren Treffpunk, Szene und Subkultur zugleich waren.[26]

Mit dem Eintrag in eine Highscore-Liste, meist mit Namenskürzel, konnte man sich sozusagen für die Nachwelt verewigen. Die Rangordnung wirkte nicht nur ökonomisch amplifizierend, sondern auch identitätsstiftend.[27] Oder mit Johan Huizinga gesprochen:

«Was heisst Gewinnen? Was wird gewonnen? […] Man hat Ansehen gewonnen, Ehre davongetragen, und diese Ehre und dieses Ansehen kommen stets unmittelbar der ganzen Gruppe zugute, der der Gewinnende angehört. […] Primär ist das Verlangen, den anderen zu übertreffen, der Erste zu sein und als solcher geehrt zu werden.» [28]

Gerade unter den Gruppen von jungen Erwachsenen hat meines Erachtens der agonale Aspekt des Spielsalons besonderes Gewicht. Auch heute bei den Online-Games sind Highscores von zentraler Bedeutung – man denke auch an E-Sports[29].

Die Spielhalle war jedoch nicht nur Terrain für Wettkämpfe unter Jugendlichen, sie war auch ganz allgemein ein sozialer Treffpunkt und Ort des Zeitvertreibs. Dies bestätigt Vasella, der in seiner Jugend laut eigenen Angaben sehr viel Zeit im Spielsalon verbrachte: «Aber wenn du im Spielsalon Frosch im Niederdorf einfach herumgehängt bist, dann kam die Aufsicht. Man musste schon mitspielen oder zumindest so tun als ob.»[30] Das Betreten eines Spielsalons war stets von einem besonderen Gefühl begleitet, wobei sich u. a. Bezüge zur Heterotopie anbieten. Das Gefühl – wenn auch ohne Bezug zur Heterotopie – fasst Roger Caillois mit Blick auf die modernen Jahrmarktsplätze und Vergnügungsparks folgendermassen:

«Sie [die Spielräume] sind von dem übrigen Raum abgetrennt durch Pforten, Girlanden und Rampen und durch von weitem sichtbar leuchtende Zeichen, Maste, Standarten, Dekorationen aller Arten, die die Grenze einer dafür ausersehenen Welt abzeichnen. Ist die Grenze einmal überschritten, befindet man sich tatsächlich in einer um vieles dichteren Welt, als der des gewöhnlichen Lebens, einem erregten, brennenden Strom, einem Überquellen von Farben und Beleuchtungen, einer fortgesetzten, erschöpfenden und berauschenden Bewegung […]. Alles dies verleiht der allgemeinen Belebtheit ein besonderes Klima.»[31]

Am Eingang eines Spielsalons liess man den Alltag hinter sich und trat in eine Welt jenseits davon ein (Abb. 7). Um die Spielsalons mit den Worten von Michel Foucault als Heterotopie auszudrücken, sind sie:

«[…] wirkliche Orte, wirksame Orte, die in die Einrichtung der Gesellschaft hineingezeichnet sind, sozusagen Gegenplazierungen oder Widerlager, tatsächlich realisierte Utopien, […] gewissermassen Orte ausserhalb aller Orte, wiewohl sie tatsächlich geortet werden können.»[32]

Abb. 7: Leuchtende, farbige Welt jenseits des Alltags: das Outlane im Züricher Kreis 9

In diesen schillernden Gegenräumen kommen denn auch andere Regeln zum Tragen: «Alltagsfremde Welten sind soziale Wirklichkeiten, welche eigene, vom Alltag – unserer objektiven gemeinsam geteilten Welt – separierte Sinnzusammenhänge, Bedeutungen, Regeln und Relevanzsysteme ausbilden»[33], so Claudia Schirrmeister. Dabei gestatte die alltagsfremde Wirklichkeit nicht bloss den aktiven Eingriff, sie fordere und benötige geradezu das Wirken ihrer Besucher/innen, um am ‘Leben‘ zu bleiben und den Charakter als alltagsfremde Wirklichkeit aufrechterhalten zu können.[34] Der regelmässige Besucherstrom hält somit die Gegenwelt am Leben, bringt sie ständig hervor.

So kann der Besuch eines Spielsalons, der Eintritt in eine Welt jenseits des herausfordernden Alltags junger Erwachsener, auch als eine Form des Eskapismus angesehen werden, wie auch Vasella teilweise bestätigt.[35] Auch wenn verrauchte Spielhallen und Halbstarke dies evozieren mögen, lassen sich keine Belege für deviantes Verhalten innerhalb dieser Heterotopien finden[36], wobei Vasella anmerkt, sich schon mit 14, anstatt mit 16, – durch modifizierte Schülerausweise – Zugang zum Spielsalon verschafft zu haben.[37] Der Eintritt in diese scheinbar utopische Gegenwelt war nicht selbstverständlich und an bestimmte Bedingungen geknüpft.

Back to the Future: Comeback der Arcade-Games

Nicht nur die Spielsalons sind aus unseren Städten verschwunden, auch die Arcade-Maschinen in den dunklen Hinterzimmern von Kneipen oder in den Ecken der Bergrestaurants wurden entfernt. Doch wohin sind die vielen Kühlschrank-grossen Videospielkästen verschwunden?

Die meisten Arcade-Maschinen sind wohl in der Zwischenzeit auf dem Schrottplatz gelandet. Einige jedoch werden von passionierten Fans und Sammlern/innen aufgestöbert und in liebevoller Handarbeit restauriert. Die wiederbelebten Videospielgeräte werden dann entweder weiterverkauft oder man stellt sie, wie Vasella im Outlane, in einem an einen Spielsalon erinnernden Raum wieder auf, wo sie auch wieder gespielt werden können. Maschine und Salon werden wiederbelebt. Solche heterotopen Räume fungieren dann gleichzeitig als Museum, Spielhalle und Raum der Nostalgie. Die Arcade-Heterotopie wird zur Zeitreisemaschine.

Was Vasella mit seinen Videospielgeräten macht, hat jedoch mit dem, was mit den Begriffen Retro-Games und Retro-Gaming gemeint ist, nicht viel gemeinsam. Sein Steckenpferd sind ohnehin die Flipperkästen. Selbstverständlich hat Vasella seine Arcade-Games im Outlane alle schon mehrmals selbst gespielt, aber als Retro-Gamer möchte er sich nicht bezeichnen. Er finde heute sowieso kaum mehr Zeit, die Spiele zu spielen.[38] Vielleicht ist er aber doch ein ‹bisschen Retro›, denn laut Jochen Koubek ist Retro

«ein Gefühl, das sich mit bestimmten Produkten verbindet, denen man auf seinem eigenen Lebensweg begegnet ist. Retro ist die liebevolle Konservierung von Erinnerungen an eine Zeit, in der die Welt noch neu und aufregend war. Es ist eine Form von rezeptionsästhetischer Nostalgie, der es um die Bewahrung desjenigen geht, das mit Gefühlen besetzt ist, die in ihrer Stärke nur in der Adoleszenz möglich waren.»[39]

Diese Nostalgie, welche auch das Outlane versprüht, sei jedoch keineswegs mit einer Rückwendung oder Sehnsucht nach einer vergangenen Zeit zu verwechseln, so Vasella[40]. Es gibt eine Vielzahl von Gründen, warum sich heute jemand für alte Computerspiele interessiert. Jede Person, die sich damit beschäftigt, hat ihre eigenen Argumente dafür, was alte Spiele sind und ab wann sie überhaupt erst als Retro bezeichnet werden können. Das Spielfeld von Retro-Games und Retro-Gaming ist gross. Eine der wichtigsten Eigenschaften der Video- und Computerspiele, die als Retro-Games bezeichnet werden können, ist gemäss Koubek ihre Geschichtslosigkeit:

«Für die Geschichtslosigkeit gibt es viele Gründe – einer ist die permanente technische Verbesserung, insbesondere bei Rechenleistung, Speicher und Grafik, aber auch bei Physik- und Künstliche-Intelligenz- (KI-)Algorithmen. Aus dieser Sicht sind alte Spiele […] nach heutigen Massstäben nicht mehr wertbar und dürfen nicht mehr bewertet werden, um ihren Klassikerstatus zu wahren.»[41]

Die also nur scheinbar zeitlosen Arcade-Games aus den 1970er-, 1980er- und 1990er-Jahren muss man heute nicht mehr zwingend mit der originalen Hardware, den Arcade-Automaten, spielen. Man kann sie auch bequem zu Hause aus dem Internet herunterladen und mit einer Emulatoren-Software am Laptop spielen.[42]

Das Retro-Gaming hat aus Sicht der Spiele-Produzenten heute einen grossen Stellenwert und führte auch deshalb zu einem Comeback alter Spielästhetik. Neue Spiele werden auf alt getrimmt und der Retro-Style wird in die neuen Spiele und Lebenswelten integriert:

«Ein praktischer Grund ist dabei sicher der Siegeszug der Smartphones als Spieleplattform. Sind sie doch mit ihren kleinen Bildschirmen für eher einfache Grafiken geeignet, so wie sie die alten Spiele geboten haben.»[43]

Weitere Gründe für die Nachhaltigkeit des Retrotrends sieht Lange noch auf zwei anderen Ebenen: einerseits im Traditionsbewusstsein in Bezug auf die Spiele selbst und andererseits in Bezug auf die digitale Informationsgesellschaft insgesamt:

«Die frühen Spiele waren wesentlich für die Verbreitung der Computertechnologie in unserem Alltag verantwortlich. Mit den ersten Games sind auch die Computer in das allgemeine Bewusstsein unserer Gesellschaft getreten. Folgt man diesem Gedankengang, so würde die Retrografik nicht nur die frühen Spiele, sondern den Start der digitalen Revolution generell repräsentieren und damit zumindest der Retrografik eine grössere Bedeutung über den Bezug zu Games hinaus geben.»[44]

Dab1ei gilt es zu betonen, dass das Phänomen Retro nicht nur mit der visuellen Oberfläche in Verbindung gebracht werden kann, sondern auch mit der limitierten Technik, die dahintersteht.[45] Auch die Game-Musik der verschiedenen Spiele-Klassiker ist zu einem Teil der heutigen Popkultur geworden, wie z. B. Gameboy-DJs, Handy-Klingeltöne etc. beweisen. Die Gründe dafür findet man meines Erachtens u. a. in den Biographien der Menschen, die im Zeichen der Nostalgie auf solche ‹Retro-Produkte› zurückgreifen.

Das Ende einer kurzen Ära

Aufgrund meiner Untersuchung gilt es festzuhalten, dass während sich die Vergnügungsparks und ähnliche Vergnügungsorte noch immer grosser Beliebtheit erfreuen, die relativ kurze Ära der Spielsalons in der Schweiz und in vielen anderen Ländern zu Ende ist. Laut Vasella zählte Zürich einmal über 50 Spielsalons. Der letzte von ihnen, das Game Town, musste 2014 schliessen.[46] Das Ableben der öffentlichen Spielräume hat vielerlei Gründe. Vasella beschreibt das Verschwinden der Spielsalons u. a. wie folgt:

«Der finanzielle Aufwand, sowohl für die Spielhallenbetreiber als auch für die Arcade-Games-Hersteller, wurde einfach zu gross. Die teuren Arcade-Maschinen konnten nicht mehr einfach mit Einfrankenstücken finanziert werden. Als ich 14 war, kosteten die Videospiele CHF 1.00 und ein halber Liter Bier CHF 2.50. Heute kosten drei Deziliter Bier etwa CHF 5.00, aber ein Spiel an einem Automaten immer noch CHF 1.00. Für drei oder vier Franken würde erst recht niemand spielen. Heute kann man sich die Games ja auch gratis aufs Handy laden.»[47]

Die Spielsalons wurden gemäss Vasella vor allem durch die Spielautomaten mit (Geld-)Gewinnmöglichkeiten querfinanziert. Als dann jedoch 1995 in einer Volksabstimmung in Zürich das Verbot der Geldspielautomaten eingeführt wurde, fielen diese Einnahmen weg und die teuren Mieten in der Zürcher Innenstadt konnten von den Spielhallen-Betreibern nicht mehr bezahlt werden.[48] Weiter fügt er an:

«Für die Hersteller von Arcade-Games wurde das Geschäft auch immer weniger attraktiv. Als die Heimkonsolen anfingen zu boomen, hat auch Sega z. B. dann irgendwann einmal ihre Arcade-Sektion geschlossen, weil die Produktion von Videospielautomaten viel teurer war als die der Spielkonsolen. Eine Konsole für zu Hause konnte sich bald einmal jeder leisten, einen mehrere Tausend Franken teuren Videospielautomaten aber nicht mehr.»[49]

Heute wird hauptsächlich im Privaten gespielt. Die Spielhalle als sozialer Treffpunkt von Jugendlichen fiel mit ihrem Verschwinden ebenfalls weg. «Das ist natürlich schade. Jetzt spielen die Jugendlichen einfach mehr zu Hause und kommen so kaum mehr raus. Der soziale Treffpunkt war schon etwas Wichtiges»[50], meint Vasella (Abb. 8 und 9). Für ihn gibt es eigentlich nur ein Motiv, weshalb die alten Videospiele heute noch immer gespielt werden:

«Es geht letztendlich um das Game-Play. Eine gute Grafik, einen guten Sound, ein megageiles Ding… OK. Aber nach einem Mal spielen hast du es gesehen. Damit man ein Spiel lange spielt, muss einfach das Game-Play gut sein. Offenbar gibt es von den alten Spielen viele, bei denen das Game-Play so gut ist, dass sie auch heute noch attraktiv sind.»[51]

Abb. 8: Multiplayer-Arcade-Game im Outlane

Abb. 9: Gemeinsames Spielen im Outlane

Auf die Frage, ob es vielleicht einen Spielsalon der Zukunft gäbe, antwortet er:

«Das Spannende ist vor allem, was da mit der Virtual Reality-Technologie passieren wird. Das wird früher oder später auch bei Spielen kommen. Aber es kommt hauptsächlich darauf an, was die Leute überhaupt wollen. Wollen sie zu Hause sein oder auch einmal aus dem Haus gehen. Das ist wie beim Online-Shopping. Ich denke, es wird immer Leute geben, die an einen Ort gehen wollen, wo sie einfach abschalten und für ein paar Stunden in eine andere Welt eintauchen können.»[52]

Der von Vasella beschriebene soziale Treffpunkt mag in Bezug auf die Spielsalons verschwunden sein. Doch es gilt dabei festzuhalten, dass Jugendliche heute auch zu Hause – ob nun real oder virtuell – gemeinsam spielen, abschalten oder in eine andere Welt eintauchen können. Daneben wird durch die rasante Entwicklung der Smartphones vermehrt im öffentlichen Raum gespielt und auch sogenannte ‹Escape Rooms› oder ‹Virtual Reality Centers› sind moderne Gegenwelten und urbane Vergnügungsorte, wie es die Spielsalons einst waren.[53] Menschen wie Vasella tragen mit ihrem Enthusiasmus zur Konservierung von Spielautomaten in heterotopen Räumen bei und können so den immer noch zahlreichen Fans – ob jung oder alt – das Gefühl alter Spielsalonromantik vermitteln.

 

Quellenverzeichnis

Interview

Ivo Vasella, Interview vom 29.12.2016 in Zürich. 

Sekundärliteratur

  • Bergmeyer, Winfried: Computerspiele – Die Herausforderung des Sammelns und Bewahrens eines neuen Mediums. In: Ann-Marie Letourneur, Michael Mosel und Tim Raupach (Hg.): Retro-Games und Retro-Gaming. Nostalgie als Phänomen einer performativen Ästhetik von Computer- und Videospielkulturen. Glückstadt: Verlag Werner Hülsbusch, 2016, 143–164.
  • Bittner, Regina: Urbane Paradiese. Zur Kulturgeschichte modernen Vergnügens. Frankfurt a. M.: 2001 (Edition Bauhaus, 8).
  • Caillois, Roger: Die Spiele und die Menschen. Maske und Rausch. Frankfurt a. M., Berlin, Wien: Ullstein, 1982.
  • Csikszentmihalyi, Mihaly: Das flow-Erlebnis. Jenseits von Angst und Langeweile: im Tun aufgehen. Stuttgart: Klett-Cotta, 2000 (1975).
  • Foucault, Michel: Andere Räume. In: Martin Wentz (Hg.): Stadt-Räume, Frankfurt a. M., New York: Campus, 1991, 65–72.
  • Huizinga, Johan: Homo Ludens. Vom Ursprung der Kultur im Spiel. Reinbeck bei Hamburg: Rowohlt, 2001 (1987).
  • Koubek, Jochen: Retro-Gaming – Sieben Gründe, sich mit alten Spielen zu beschäftigen. In: Ann-Marie Letourneur, Michael Mosel und Tim Raupach (Hg.): Retro-Games und Retro-Gaming. Nostalgie als Phänomen einer performativen Ästhetik von Computer- und Videospielkulturen. Glückstadt: Verlag Werner Hülsbusch, 2016, 31–48.
  • Lange, Andreas: Grusswort. In: Ann-Marie Letourneur, Michael Mosel und Tim Raupach (Hg.): Retro-Games und Retro-Gaming. Nostalgie als Phänomen einer performativen Ästhetik von Computer- und Videospielkulturen. Glückstadt: Verlag Werner Hülsbusch, 2016, 9–12.
  • Loftus, Geoffrey R. und Elizabeth F. Loftus: Mind at Play. The Psychology of Video Games. New York: Basic Books, 1983.
  • Maase, Kaspar: Die Menge als Attraktion ihrer selbst. Notizen zu ambulatorischen Vergnügungen. In: Sacha Szabo (Hg.): Kultur des Vergnügens. Kirmes und Freizeitparks, Schausteller und Fahrgeschäfte. Facetten nicht-alltäglicher Orte. Bielefeld: Transcript, 2009, 13–27.
  • Poole, Steven: Trigger Happy. Videogames and the Entertainment Revolution. New York: Arcade Pub, 2004.
  • Poser, Stefan: Glücksmaschinen oder Mechanismen des gestörten Gleichgewichts? Technik auf dem Jahrmarkt. In: Sacha Szabo (Hg.): Kultur des Vergnügens. Kirmes und Freizeitparks, Schausteller und Fahrgeschäfte. Facetten nicht-alltäglicher Orte. Bielefeld: Transcript, 2009, 101–121.
  • Runzheimer, Bernhard: On top of the List – Bildschirmspiel-Highscores im Spannungsfeld von Selbstdarstellung und Kunst. In: Ann-Marie Letourneur, Michael Mosel und Tim Raupach (Hg.): Retro-Games und Retro-Gaming. Nostalgie als Phänomen einer performativen Ästhetik von Computer- und Videospielkulturen. Glückstadt: Verlag Werner Hülsbusch, 2016, 121–142.
  • Schirrmeister, Claudia: Der Themenpark. Vergnügliche Illusionswelt jenseits des Alltags. In: Sacha Szabo (Hg.): Kultur des Vergnügens. Kirmes und Freizeitparks, Schausteller und Fahrgeschäfte. Facetten nicht-alltäglicher Orte. Bielefeld: Transcript, 2009, 227-236.
  • Swoboda, Wolfgang H.: Bildschirmspiele und Automatenspielstätten im Freizeitalltag junger Erwachsener. Analysen zum Forschungsstand mit einer qualitativen Explorationsstudie über Freizeit-, Spiel- und Mediengebrauch. Köln: Böhlau, 1990.
  • Szabo, Sacha: Einleitung – Kultur des Vergnügens. In: Sacha Szabo (Hg.): Kultur des Vergnügens. Kirmes und Freizeitparks, Schausteller und Fahrgeschäfte. Facetten nicht-alltäglicher Orte. Bielefeld: Transcript, 2009, 11-12.

Internetquellen

Abbildungsverzeichnis

 

[1] Vgl. Outlane 2017.

 

[2] Szabo 2009, 11.

 

[3] Poser 2009, 103.

 

[4] Maase 2009, 18.

 

[5] Vgl. Maase 2009, 19.

 

[6] Ebd., 20.

 

[7] Bittner 2001, 16.

 

[8] Maase 2009, 20.

 

[9] Ebd., 13–14.

 

[10] Vasella 2016.

 

[11] Vasella 2016.

 

[12] Vgl. Maack 2008.

 

[13] Vgl. Poole 2004, 42–44.

 

[14] Vgl. ebd., 44.

 

[15] Vgl. Maack 2008.

 

[16] Vgl. Poole 2004, 45.

 

[17] Vgl. Poole 2004, 277–278.

 

[18] Vasella 2016.

 

[19] Vasella 2016.

 

[20] Vgl. Csikszentmihalyi 2000 (1975), 58–81.

 

[21] Vgl. Swoboda 1990, 100.

 

[22] Vasella 2016.

 

[23] Loftus und Loftus 1983, 29.

 

[24] Vasella 2016.

 

[25] Vasella 2016.

 

[26] Vgl. Loftus und Loftus 1983, 83–111.

 

[27] Vgl. Runzheimer 2016, 125.

 

[28] Huizinga 2001 (1987), 61.

 

[29] Zum Thema E-Sports sei auf die Beiträge von Catrina Ursina Wörndle und Basil Biedermann in diesem Band verwiesen.

 

[30] Vasella 2016. Eine detaillierte empirische Studie zu Bildschirmspielen und Automatenspielstätten im Freizeitalltag junger Erwachsener aus den 1980er-Jahren findet sich bei Wolfgang H. Swoboda 1990.

 

[31] Caillois 1982, 151.

 

[32] Foucault 1991, 68.

 

[33] Schirrmeister 2009, 227.

 

[34] Vgl. Schirrmeister 2009, 227.

 

[35] Vasella 2016.

 

[36] Vgl. Swoboda 1990, 64–69.

 

[37] Vasella 2016.

 

[38] Vasella 2016.

 

[39] Koubek 2016, 33.

 

[40] Vasella 2016.

 

[41] Koubek 2016, 31–32.

 

[42] Zum Sammeln und Bewahren von Computerspielen vgl. Bergmeyer 2016, 143–164.

 

[43] Lange 2016, 10.

 

[44] Lange 2016, 10.

 

[45] Vgl. Lange 2016, 10–11.

 

[46] Vasella 2016.

 

[47] Ebd.

 

[48] Vasella 2016.

 

[49] Ebd.

 

[50] Ebd.

 

[51] Vasella 2016.

 

[52] Vasella 2016.

 

[53] Zum Erleben eines Ausflugs ins Virtual Reality Center siehe den Beitrag von Stephan Witzel in diesem Band.